Donnerstag, 23. November 2017

Dreivierteltakt in Meißen

Als Hamburg-Abtrünniger und gar nicht mehr so neuer Neu-Dresdner melde ich mich nach meinem Umzug und langer Pause heute mit einem Hirnzeichen als Blogger zurück. Den Anstoß dazu gab mein erster Besuch im Meißner Stadttheater am 19. November 2017.
Theater Meißen

Ob die seismologischen Institute an den sächsischen Elbufern verstärkte Erschütterungen im Erdreich registrierten, bleibt ihr Geschäftsgeheimnis. Dass aber am Sonntagnachmittag in Meißen in manchem Küchenschrank die Tassen und Teller klapperten, darf man gewiss vermuten. Das Temperament, mit dem die Wiener Operetten-Solisten Katrin Fuchs und Andreas Sauerzapf im Theater Meißen den Bühnenboden bearbeiteten, war schon beachtlich.

Mit dem Couplet "Ich lade gern mir Gäste ein" aus Johann Strauss' Operette Die Fledermaus begrüßte Andreas Sauerzapf, der das Programm Zauber der Operette auch moderierte, das Publikum, das der Einladung gerne und zahlreich gefolgt war: Parkett und Rang im Theatersaal waren gefüllt, die wenigen leeren Plätze kaum auszumachen.

Ziemlich genau eine anderthalbe Stunde lang servierten Katrin Fuchs (Sopran) und Andreas Sauerzapf (Tenor) in Soli und Duetten einen Streifzug durch die Operette, mit Abstechern zum Film und in das Wiener Lied, teils besinnlichen, aber - wie man es von der Operette erwartet - überwiegend heiteren Stücken, einige davon mit schwungvollen Tanzeinlagen. Die beiden schufen gekonnt eine beinahe private Atmosphäre, als hätte man sich im Wohnzimmer im kleinen Kreis zu einer musikalischen Teestunde getroffen.

Wesentlichen Anteil an diesem gelungenen Gesamteindruck hatte auch die dritte Mitwirkende auf der Bühne: Natalia Petrowski begleitete das Geschehen, mal piano, mal forte, angenehm unaufdringlich am Flügel. Wenn ich bis dahin annahm, Operette funktioniere nur mit Frack, Abendkleid und großem Orchester, weiß ich seit dieser Lehrstunde, dass sie auch in kleiner Garderobe ihren besonderen Reiz hat.

Die von Andreas Sauerzapf in die Moderation eingestreuten, wahrlich komischen Gedichte erzeugten heiteres Gelächter im Saale. Dass in einer von ihm vorgetragenen Begegnung einer Wiener Marktfrau mit einem Ehepaar aus Buxtehude, der Stadt in Niedersachsen, in der im Märchen Hase und Igel um die Wette liefen, der Gatte eher wie ein Berliner klang als norddeutsch, ist einem gebürtigen Wiener nachzusehen. Wenn ich einem Grinzinger Lokalreporter ein Interview auf wienerisch gäbe, würde er mich vermutlich auch nicht für einen österreichischen Thronfolger halten, sondern für einen Wildecker Herzbuben aus dem Hessischen.    

Eine Beobachtung schon vor der Vorstellung im Foyer des Theaters gab mir allerdings zu denken. Offensichtlich war ich, immerhin mittlerweile auch schon im Seniorenalter, der Jüngste unter den Zuschauern. Lag es am kleinstädtischen Milieu? An der nachmittäglichen Stunde? Oder kommen der Operette tatsächlich allmählich die Zuschauer abhanden? Bei anderen Gelegenheiten hatte ich bisher allerdings nicht den Eindruck. Es wäre auch schade um diese Sparte des Musiktheaters.

© Text und Foto: Joachim Hübner 2017 – Alle Rechte vorbehalten.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Schon vergessen? (Folge 2): Richard Kimble - ein Doktor, der die Straßen fegte

Die Silberhochzeit meiner Eltern, vor (fast) auf den Tag genau 47 Jahren, ist für sich genommen kein Ereignis, über das sich ein Blogeintrag lohnen würde. Sie erklärt aber, warum ich an diesen 20. Oktober 1967 noch Erinnerungen habe, obwohl ich mich damals als 12-jähriger Schulbub ganz sicher für andere Dinge begeistern konnte als ausgerechnet für eine Familienfeier.

Ungewöhnlich, und deshalb für mich unvergessen, war nämlich, dass die zuvor ausgesprochenen Einladungen zwar noch freudig angenommen worden waren, dass aber die Gesichter, je näher der Festtag kam, allseits immer länger wurden. An diesem Abend stand eine Sendung auf dem Fernsehprogramm, die im ganzen Lande niemand versäumen wollte. Diesen Umstand hatten meine Eltern, als sie ein Vierteljahrhundert zuvor den Termin ihrer Eheschließung festgelegt hatten, nicht bedacht. Nicht bedenken können, das wurde ihnen fairerweise von allen Gästen zugutegehalten, aber an der misslichen Sachlage änderte das nicht das geringste.

Seit 1965 strahlte das 1. Deutsche Fernsehen die amerikanische Kriminalserie Auf der Flucht aus, deren Hauptfigur, der Arzt Dr. Richard Kimble, wegen Ermordung seiner Ehefrau zum Tode verurteilt worden war, selbstverständlich unschuldig, weswegen die gesamte Fernsehnation ungeteilt an seiner Seite stand. Der tragisch verwitwete Todeskandidat, aus dem Gefängnis entwichen, war auf der Suche nach dem wahren Mörder seiner Frau, um so die Gerechtigkeit im allgemeinen zu retten, und im speziellen - wer mochte es ihm verdenken? - natürlich auch sein eigenes Leben. Dabei war er, wenig verwunderlich und für die Serie namensgebend, ständig auf der Flucht vor der Polizei, die alles daran setzte, ihn wieder einzufangen.

Weil es zu der Zeit nur zwei Sendeanstalten gab - das ZDF hatte auch erst im April 1963 zu senden begonnen -, die beide täglich nur einige Stunden Programm anboten, war die Sehbeteiligung enorm. Wenn eine Folge mit dem gejagten Dr. Kimble im Fernsehen lief, waren die Straßen wie leergefegt, weil ganz (West-) Deutschland in den Wohnzimmern vor der Flimmerkiste saß. Die Serie war also im wahrsten Sinne des Wortes ein Straßenfeger, ein damals geläufiger und heute mit dieser Bedeutung fast vergessener Begriff.

Videorekorder für den Heimgebrauch waren noch unbekannt, und wer in jenen Jahren lauthals von Internet und Online-Mediatheken orakelt hätte, wäre Gefahr gelaufen, ausweglos in einer Klinik zu versauern, umgeben von hohen Mauern und muskulösem Pflegepersonal.

Am 20. Oktober 1967 eine Silberhochzeit zu feiern, war unter dergestalt obwaltenden Umständen keineswegs nur unglücklich, sondern den Gästen schlichtweg nicht zuzumuten, denn nach Jahren der Spannung hatten die Programmzeitschriften für eben dieses Datum die letzte Folge angekündigt, in der alles aufgeklärt und das bedauernswerte Justizopfer Dr. Richard Kimble rehabilitiert werden sollte.

Bereinigt wurde die verzwickte Situation dadurch, dass in einem Nebenraum der Gaststätte, in der gefeiert wurde, eigens ein Fernsehapparat aufgestellt wurde, selbstverständlich nur ein schwarzweißer, weil das Farbfernsehen erst wenige Monate zuvor eingeführt worden war und die Serie ohnehin, wie man sich auszudrücken pflegte, nicht bunt war.

Ob die Feier der Silberhochzeit meiner Eltern das einzige Familientreffen war, das jemals wegen eines Kriminalfilms für etwa eine Stunde unterbrochen werden musste, kann ich nicht beschwören. Vergleichbare Fälle sind mir aber zumindest nicht bekannt geworden.

Deswegen kann ich mich an den 20. Oktober 1967 so genau erinnern. Und wegen dieser Geschichte konnte ich heute auch den Ausdruck Straßenfeger als Bezeichnung für eine Fernsehsendung, die für menschenleere Gegenden sorgte, noch einmal aus der Versenkung hervorkramen. 

© Text: Joachim Hübner 2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Montag, 9. Juni 2014

Das Paradox - ein Stilmittel mit Humor

Der Begriff Paradoxon riecht nach Zahncreme, ist aber keine. Soviel steht fest. Dennoch würde ich danach, wäre ich ahnungslos, zuallererst in der Zahnheilkunde forschen. Heißt so nicht diese lästige Zahnfleischentzündung? Oder die bittere Tinktur, mit der Zahnärzte den Patienten die Imbissstübchen auspinseln, nachdem sie ihr blutiges Gemetzel veranstaltet haben? Vielleicht sogar ein Desinfektionsmittel, um die Waffen zu sterilisieren, damit der Zahnarzt auch morgen wieder kraftvoll zustechen kann? Alles daneben! Wer darauf setzt, hätte die Quizmillion versemmelt.

Paradox: Nistkasten an der Vogelscheuche
Richtig ist die Antwort D: Paradox ist, was sich selbst widerspricht - wobei hinzugefügt werden muss: im gleichen Atemzug. Politiker, die ihr Geschwätz von gestern schon morgen ins Gegenteil verdrehen, fallen also nicht darunter. Sie sind nicht paradox. Dafür ist es zu spät. Solche Leute sind schlicht unglaubwürdig.

Der leicht angestaubte Ausdruck Paradoxon leistet als Angeberversion für passende Gelegenheiten weiterhin gute Dienste, dann aber bitte mit der Mehrzahl Paradoxa, sonst klappt sie nicht, die Wichtigtuerei. Unter uns genügt aber auch, standardsprachlich längst akzeptiert, das Paradox (Mehrzahl: Paradoxe).

Seit gut 2 Wochen geht mir das Thema durch den Kopf. Es ist schon sonderbar: Erst richte ich diesen Blog ein, eigens für Gedanken, die nach draußen wollen, und dann brauche ich so lange, um sie freizulassen. Ist das jetzt auch paradox? Ich werde mich hoffentlich noch bessern. Ist eben noch Neuland für mich, das Bloggen.

Am 23. Mai 2014, dem 65. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, wurde ein Paradox entlarvt, das mir bisher verborgen war. In Berlin, im Plenarsaal des Deutschen Bundestages, begann der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani die Festrede mit dem Hinweis, die Verfassung verwende im Artikel 1, ungewöhnlich bei einer juristischen Norm, als Stilmittel ein Paradox: "Wäre die Würde des Menschen unantastbar, wie es im ersten Satz heißt, müsste der Staat sie nicht achten und schon gar nicht schützen, wie es der zweite Satz verlangt." Man muss, um das zu erkennen, bestimmt eine besonders dioptrienstarke Expertenbrille auf der Nase tragen. Aber für den nächsten Angeber-Smalltalk ist der Gedanke gut zu gebrauchen.

Die Rede brachte mich dazu, wieder einmal über Paradoxe als sprachliches Ausdrucksmittel nachzudenken. Sie bringen gebremste Texte neu in Schwung. Leser bleiben wach, wenn hin und wieder so ein fliegender Fisch aus der Buchstabensuppe hüpft - solange das eine Überraschung bleibt. Allzuviel ist ungesund. Auch alltägliche Unterhaltungen können natürlich durch Paradoxe aufgewertet werden, Heiratsanträge und andere Bewerbungsgespräche eventuell ausgenommen.

Um beispielsweise herauszufinden, ob übermäßiger Verzehr von Blattsalaten humorlos macht, braucht man in der Betriebskantine nur die fleischlosen Kollegen zu fragen, ob sie eingefleischte Vegetarier seien. Wer darüber nicht wenigstens schmunzelt, sollte sich anders ernähren.

Auf die eingefleischten Vegetarier, aus denen ich dann dieses Testverfahren entwickelt habe, bin ich in dem amüsanten "erstaunlichsten Deutsch-Buch aller Zeiten" von CUS, dem anonymen Wissensautor, gestoßen: Der Coup, die Kuh, das Q. Von den vielen weiteren Beispielen darin gefielen mir am besten die herrenlosen Damenfahrräder und die Definition, paradox sei, wenn ein Sopran bass erstaunt ist, dass ein Tenor alt geworden ist, ein Ausspruch, der laut CUS auf den Komponisten Hans Pfitzner zurückgehen soll.

Passend zur aktuell ins Haus stehenden Fußball-WM entdeckte ich kürzlich in einem Geschenkeladen einen rechteckigen Rettungsring, fußballrasengrün, mit aufgemalter Spielfeldbegrenzung und Strafstoßpunkten, der aufgeblasen genau die passende Größe hat, um darin einen komplett gefüllten Bierkasten im Baggersee zu kühlen. Eine praktische Erfindung. Sie auf dem Preisschild darüber als Schwimmhilfe für Bierkästen anzubieten, während auf ihr selbst groß der Aufdruck "keine Schwimmhilfe" prangt, ist allerdings paradox.

Ganz frisch begegnet bin ich einem Vogelscheucher (was ich als männliche Form für den Duden vorschlage), dem ein Nistkasten ans Gerippe genagelt ist. Wie passt denn das zusammen? Paradox! Oder doch nur eine nachlässige Berufsauffassung des Wachmanns im Gemüsebeet?

© Text und Foto: Joachim Hübner 2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Freitag, 9. Mai 2014

Schon vergessen? (Folge 1): Das Stopfei − Adenauer und das Loch in der Socke

Strümpfe fristen ein trauriges Dasein. Sogar ein Gedenktag ist ihnen dafür gewidmet. Heute, am 9. Mai, erinnert der Tag der verlorenen Socke an in der Waschmaschine verschollene Einzelteile. Krokodilstränen sind das, denn ein geschulter Fachmechaniker ist durchaus in der Lage, die Opfer zu befreien, mit einer Zange und etwas Geschick, an der Einfüllöffnung aus dem Spalt unter der Waschtrommel heraus. Socken machen schlimmeres durch, als nur vorübergehend in der beheizbaren Wanne eines Haushaltsgeräts auf Rettung zu warten.

Schon sich - in Sandalen getragen - als modischen Fehltritt begaffen und verspotten lassen zu müssen, schreit nach Erbarmen. Und wer denkt an die von skrupellosen Sportsfreunden eiskalt verstoßenen Fußwärmer? Hausmeister sollten mit einer Meldepflicht belegt werden, wie viele herrenlose Socken sie aus den Umkleideräumen von Schulturnhallen befreien mussten. Auch sonst sind die Arbeitsbedingungen von Strümpfen, Socken und Füßlingen unerfreulich: ständig getreten, eingezwängt zwischen menschlichen Schweißdrüsen und dem Innenfutter der Schuhe, von raspelnder Hornhaut zerrieben und durchstoßen von scharfkantigen Zehennägeln.

Zu allem Überfluss auch noch die brutale Gewissheit, schon beim kleinsten Defekt auf die Mülldeponie verabschiedet zu werden. Frühere Strumpfgenerationen waren besser dran. Liebevoll wurden sie gepflegt und notfalls chirurgisch versorgt, wenn ein Loch in ihnen klaffte. Abends, wenn der Schwarz-Weiß-Fernseher im Wohnzimmer flimmerte, setzten sich unsere Mütter abseits auf die Sofakante, um sich im fahlen Schein der Stehlampe beim Sockenflicken die Augen zu verderben. Dabei kam, außer Nähnadel und Wollfaden, ein damals alltägliches Hilfsmittel zum Einsatz: das Stopfei oder der Stopfpilz. Schon vergessen?

Ein ovaler ("Ei") oder halbrunder Gegenstand mit einem Stiel zum Festhalten ("Pilz") wurde in die Socke geführt, worüber dann das schadhafte Gewebe gespannt wurde. Auf dieser festen Unterlage aus Holz oder Keramik ließ sich der Faden sicher führen und das Reparaturgeflecht besonders gleichmäßig erstellen. Die simple Arbeitshilfe fehlte in keinem Nähkästchen. Aus schlechten Kriegstagen, in denen das gedankenlose Wegwerfen durchlöcherter Strümpfe nicht in Frage kam, hatte sie sich in die westdeutschen Wirtschaftswunderjahre gleichermaßen hinüber gerettet wie in die Mangelzeiten der damaligen DDR. Seit wir industrielle Massenware an den Füßen tragen, haben Stopfei und Stopfpilz ausgedient.

Was der in der Überschrift erwähnte erste Nachkriegskanzler Konrad Adenauer damit zu tun hat, wollen Sie wissen? Wird selbstverständlich aufgeklärt: Dr. Konrad Adenauer (1876-1967) war vor dem 2. Weltkrieg zunächst Oberbürgermeister von Köln, bevor er 1933 von den neuen Machthabern seines Amtes enthoben wurde. Danach betätigte er, der schon während des 1. Weltkrieges Patente angemeldet hatte, sich wieder als Tüftler und Erfinder, finanziell zwar erfolglos, aber dennoch äußerst phantasievoll. Unter anderem entwickelte er ein mit Batteriestrom gespeistes Stopfei, das den Strumpf beim Flicken von innen durchleuchtete. Das von ihm dafür beantragte Patent wurde ihm allerdings verweigert, weil andere schon vorher auf die Idee gekommen waren.

Im Gegensatz zu denen wurde Adenauer aber 1949 zum Bundeskanzler gewählt. Politiker sind eben kein Daniel Düsentrieb. Ihnen fehlt das Talent, die Löcher im Sparstrumpf zu stopfen.

© Text: Joachim Hübner 2014 – Alle Rechte vorbehalten.

Mittwoch, 30. April 2014

Mörderische Stacheln: Bienen summen das Lied vom Tod


Eine eBook-Rezension


Schmerzhaft soll er ja sein, der Stich einer Biene. Aber tödlich für Menschen? Die Angreiferin (nur Weibchen stechen!) muss stets dran glauben, weil sich der Stachel so im menschlichen Leder verhakt, dass ihr gleich der halbe Hintern mit zerreißt − was dem Gestochenen gewiss nicht blüht. Sein Leben ist erst bei außergewöhnlich heftiger körperlicher Gegenwehr bedroht, zum Beispiel bei einem allergischen Schock. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei so gering, dass man eher gleich zweimal im Leben vom Blitz erschlagen werde, beruhigt uns der Imkerverein Büchertal im Netz. Ein aktueller eBook-Thriller greift das Thema auf: In summ summ summ Bienchen bringt dich um von Anton Winkler ist es vorbei mit der Sanftmut der Bienen. Eine unterhaltsame Beunruhigung.

Die Varroa-Milbe gilt als Hauptübeltäter. Das Bienensterben, von dem seit Jahren die Rede ist, geht überwiegend auf ihr Konto. Notgedrungen greifen Imker zur chemischen Keule. Ob die Bekämpfungsmittel auch die Gesundheit der Bienen schädigen oder ihr Verhalten ändern − daran scheiden sich die Geister: Naturschützer und Imker sind kritisch, die Produzenten halten ihre Mittel für unbedenklich.

Ein Fragezeichen, aus dem der Autor den roten Faden spinnt, an dem er die Episoden seiner Erzählung aufreiht. Jedes Kapitel handelt von unterschiedlichen Personen mit verschiedenen Berufen und Lebensentwürfen, miteinander zudem nicht persönlich verbunden. Die Abschnitte könnten daher auch einzeln gelesen werden, aber erst das gemeinsame Schicksal aller, am Ende ihrer eigenen Geschichte von einer Biene ins Jenseits befördert zu werden, macht den Reiz der gesamten Handlung aus. Woher die mitwirkenden Fluginsekten ihre mörderischen Talente hatten, erfährt der Leser erst am Schluss.

Ein gelungener Thriller um ein aktuelles ökologisches Problem, das den Leser immer wieder neugierig macht auf die Auflösung des rätselhaften Zusammenhangs aller beschriebenen Einzelschicksale. Bemerkenswert auch die unaufgeregte, aber lockere, stellenweise auch humorvolle Sprache des Autors, mit der er trotz der Kürze der Einzelepisoden dem Leser ein Bild der Personen zeichnet.

Das eBook ist nicht umfangreich, daher schnell zu lesen, bei passender Gelegenheit auch in einem Rutsch. Vielleicht im Kaffeegarten einer Konditorei, bei Cappuccino und − natürlich − Bienenstich.

Anton Winkler
(angegebene) Seiten: 59
Preis (am Tag dieses Blog-Posts): € 0,99
erschienen als eBook bei neobooks
erhältlich auch in anderen online-Buchhandlungen

© Text: Joachim Hübner 2014 – Alle Rechte vorbehalten.